„Wird sie sterben?“
„Im Falle eines starken Blutverlustes ist ein letaler Ausgang nicht ausgeschlossen.“
„Tu, was du kannst. Jetzt. Sorg daf?r, dass sie bis heute Abend ?berlebt, dann kommt sie in eine Privatklinik zu einem Doktor, der mit dem Boss gut bekannt ist.“
„Halt durch, Liebes. Ich gebe dir eine Spritze. Versuch zu schlafen.“
„Lassen Sie mich nicht allein! Ich bitte Sie!“, fl?sterte das M?dchen und packte den g?tigen Mann am Arm.
„Das kann ich nicht. Entschuldigen Sie. Halten Sie durch. Bald bringt man Sie ins Krankenhaus.“
Er gab ihr die Spritze und verlie? die Wohnung, voll Bedauern und Mitleid.
Sie lag in einer Blutlache am Boden und bewegte sich nicht. Ihr ganzes Leben lief vor ihren Augen ab. Sie schloss die Augen vor diesen bitteren Gedanken und aus Angst. Sie wollte das Blut nicht sehen, in dem sie, wie ihr schien, versank, w?hrend sie langsam auf der Treppe zum Himmel oder zur H?lle schritt.
Nach einiger Zeit sp?rte sie, wie starke H?nde sie auf eine Trage legten. Alles war wie im Delirium. Infusionen, Spritzen.
Das M?dchen wachte am Morgen mit heftigsten Schmerzen in den Schl?fen auf und ihr wurde ?bel. Es war h?llisch, nur dieser Vergleich passte zu der Realit?t, in der sie sich befand. Ihr K?rper war bedeckt mit blauen Flecken und offenen Wunden. Ihr Gesicht schien ein einziger blauer Fleck zu sein. Sie versuchte, sich aufzurichten. Mit M?he gelang es ihr. Wegen der Kan?len, die in ihren Armen steckten, konnte nicht aus dem Bett steigen. Sie riss sie heraus und stand auf. Ihr wurde schwindlig und sie sank auf den Fu?boden. Dann kroch sie zur T?r. Natalja wollte nur eins: nach Hause zu ihrer Mutter und den Verwandten und ein Glas frische Mich trinken. Den Milchgeruch sp?rte sie so deutlich, als ob die graue Aluminiumkanne mit Milch irgendwo hier in der N?he st?nde. Kniend zerrte sie an den T?rgriff. Vergebens, die T?r war von au?en abgeschlossen. Sie f?hlte sich wie ein H?ftling. Vor lauter Verzweiflung und Hilflosigkeit brach sie in Tr?nen aus. Vor der T?r h?rte sie Schritte. ?ngstlich wich sie von der T?r zur?ck, als ob ihr nichts weh t?te, und starrte panisch den sich bewegenden T?rgriff an.
„Oh Gott!“ Das ist er!“
In einer Sekunde liefen die Ereignisse des gestrigen Abends vor ihren Augen ab. Die T?r ging auf. Ein Mann im wei?en Kittel kam mit l?chelndem Gesicht herein.
„Sind Sie schon wach, Prinzessin?“
„Wer sind Sie?“
„Ich bin Ihr behandelnder Arzt. Mein Name ist Dmitri Iwanowitsch. Haben Sie keine Angst. Ich tue ihnen nichts B?ses.“
„Dann lassen Sie mich hier raus!“, schrie das M?dchen auf. Sie hatte die Wachen im Korridor bereits bemerkt.
„Lassen Sie sich Zeit. Ich w?rde Ihnen empfehlen, in Ihrer Verfassung nirgendwo hinzugehen. Und stehen Sie bitte vom Fu?boden auf“, sagte der Arzt in beruhigendem Ton, als ob er ihr helfen wollte. „Nach der Operation d?rfen Sie dort nicht sitzen.“
„Nach was f?r einer Operation?“
„Leider haben Sie das Kind verloren. Es tut mir sehr leid.“
Ihre Augen wurden rund wie M?nzen.
„Was? Haben Sie mir eine Abtreibung gemacht?“
„Ja, es tut mir sehr leid“, wiederholte der Arzt.
„Sie wurden gestern in einem ?u?erst kritischen Zustand zu uns gebracht, nach dem Angriff einer Stra?enbande. Leider konnten wir das Kind nicht retten.“
„Wer hat mich angegriffen?“
„Rowdys. Sie haben Sie auch ausgeraubt.“
„Ah! Alles klar!“ Bastard!“, kam es aus dem Nataljas Mund.
„Was haben Sie gesagt?“, fragte der Doktor verwirrt und beugte sich zu ihr, als ob er sie besser h?ren wollte.
„Nicht wichtig! Alles in Ordnung!“ Das M?dchen verdeckte ihr Gesicht mit den H?nden und schluchzte. F?r einen Augenblick dachte sie, es w?re ein Traum.
„Genau! Ich schlafe!“
Sie sch?ttelte den Kopf, um aufzuwachen. Aber nein, es war kein Traum…
Vier Tage verbrachte Natalja hinter Schloss und Riegel. Erst dann kam sie langsam zu sich und begann, das Geschehe zu begreifen. Die Schuld an dieser verfluchten Liebe gab sie sich selbst. Wie hatte sie sich nur auf diese Schei?e einlassen k?nnen? Warum hatte sie sich in diesen sadistischen Kanaken verliebt? Aber w?hrend sie so mit sich ins Gericht ging, empfand sie doch etwas Mitleid mit ihm. Ganz sicher war es ihm sehr unangenehm zu erfahren, dass seine zuk?nftige Frau es mit einem Zuh?lter trieb, w?hrend er Geld verdiente, um ihre gemeinsame Zukunft zu sichern. Sehr unangenehm, beleidigend und erniedrigend.
„Artschik, du Arschloch!“ Wie konnte er so etwas tun? Sie hatte ihm doch ein ganzes Verm?gen eingebracht! Was f?r eine Grausamkeit! Solche Typen hatten nicht Menschliches an sich! Weder Herz, noch Prinzipien!
Was die Prinzipien anging, hatte sie selbst allerdings auch nichts vorzuweisen. Die Manieren des Schmetterlings waren alles andere als edel.
Einige Tage vergingen. Man legte ihr Dokumente zum Unterschreiben vor. Es war das Protokoll ihrer angeblichen Aussagen ?ber den Raub?berfall einer Stra?engang, deren Mitglieder sie nicht hatte sehen k?nne, da alles nachts passiert und sie zu Tode erschrocken gewesen sei.
Sie unterzeichnete die Unterlagen schweigend. Ihr war klar, dass sie sonst so lange weggesperrt bleiben w?rde, bis sie sich dem Willen ihres ehemaligen Lebensgef?hrten beugte.
Der Untersuchungsrichter ging. Die T?r blieb offen. Natalja schaute in den Korridor und sah, dass die Schl?ger verschwunden waren. Das Gef?hl der Freiheit und die emotionale Spannung ?berw?ltigten sie.
„Endlich! Ich bin frei! Hurra!
Sie zog sich an und ging hinaus, schlich die ihr v?llig unbekannten Stra?e entlang. Sie wusste nicht, wo sie sich befand, hatte weder Geld noch ein Handy dabei.
„Wo soll ich ?berhaupt hin? Zu Saweli darf ich nicht, er ist ja verheiratet! Was jetzt? Natalja begann vor Wut zu kochen. Unterwegs schimpfte sie laut schimpfte: „Hat mich ausgesetzt wie einen Hund, ohne meine Sachen und ohne U-Bahnticket! Mistkerl! Stinkiger Armenier-Arsch!“
Sie erreichte eine Bushaltestelle und sah ein Taxi. Sie setzte sich auf den R?cksitz und nannte die Adresse von Artschik.
Gott sei Dank, er war zu Hause. Er bezahlte das Taxi und fragte erstaunt:
„Mein Gott! Schatz, was ist passiert?“
„Halt die Fresse, du Schwuchtel! Du wei?t genau, was passiert ist!“, erwiderte Natalja mit gefletschten Z?hnen wie eine W?lfin. Sie konnte sich kaum davon zur?ckhalten, diesen Mistkerl zu bei?en.
Er versicherte ihr, er h?tte bis gestern Abend nichts gewusst, dann h?tte Schakro ihn besucht, ihm gedroht und versucht, ihn zu verpr?geln.
„Seine Schl?ger haben dich aufgesp?rt, Schatzi! Hast du etwa nicht gemerkt, dass sie dich beschatten? Sie haben jeden deiner Schritte verfolgt vom ersten Tag an, als du aus dem Wohnheim in den K?fig gezogen bist. Hast du nicht kapiert, dass jeder Atemzug von dir aufgezeichnet wird? Ich h?tte dir nie etwas B?ses getan“, sagte der Schuft liebevoll, „h?tte nie deinen kleinen zarten K?rper verraten.“ Er zog sie nah zu sich heran und k?sste auf die Stirn.
Sie brach in Tr?nen aus und schmiegte sich an ihn, als ob er ihr n?chster Verwandter w?re. Durch die Tr?nen fragte sie: „Artschik, kann ich wieder bei dir anfangen?“
Diese Worte klangen f?r ihn wie himmlische Musik. Wie lange hat er darauf gewartet! Dem Himmel sei Dank!
Er schob das M?dchen abrupt von sich und sagte:
„Entschuldige, aber du kannst nicht mehr f?r mich arbeiten, schon gar nicht so, wie du jetzt aussiehst! Du hast ja zwei Schrammen im Gesicht. Ich habe einen Elite-Escort-Service, keinen Schlupfwinkel f?r verschrammte Idiotinnen, die Kaukasus-Affen gehen!“
„Wie kannst du so etwas sagen? Die sieht man doch kaum! Und ?berhaupt, wenn erst die F?den gezogen sind, merkt man gar nichts mehr davon.“