SIE. Wenn es nun ein anderer Kollege war, Einer, der mich kennt, den ich aber nicht kenne.
ER. So kann man sich vor allen M?nnern f?rchten. Vor den Frauen auch.
SIE. Ich habe eben diese Angst.
ER. Letztendlich ist es kein Verbrechen, wenn man allein die Treppe hochsteigt.
SIE. Du hast gut reden
ER. Du kannst immer noch sagen, dass du bei der Schneiderin warst.
SIE. Na gut, irgendwie winde ich mich schon raus.
ER. (Zieht sie an sich.) Hast du dich beruhigt? (Langer Kuss.)
SIE. (f?hrt zur?ck.) So geht’s doch nicht!
ER. Was ist denn?
SIE. Du hast die Vorh?nge nicht zugezogen.
ER. Was ist dabei?
SIE. Wir stehen doch direkt am Fenster!
ER. Vor uns liegt eine W?ste und au?erdem wohnen wir in der 5. Etage.
SIE. Egal. Ich habe das Gef?hl, dass alle auf uns sehen.
ER. (Zieht die Gardinen vor und umarmt sie.) Jetzt hast du keine Gef?hle?
SIE. Nein, habe ich nicht.
ER. (F?hrt zur?ck.) Vielleicht legst du endlich mal den Mantel ab?
SIE. Nein, Liebster, ich bin nur f?r eine Minute hier.
ER. Wieso f?r eine Minute? Wir wollten doch eine ganze Stunde mit einander verbringen.
SIE. Die Bedingungen haben sich ge?ndert.
ER. Schon wieder? Ich habe mich so auf dieses Treffen gefreut.
SIE. Ich auch.
Er umarmt sie. Sie erwidert die Umarmungen, aber pl?tzlich st??t sie ihn erschrocken von sich.
Hast du das Fleisch gekauft?
ER. Habe ich.
SIE. Und die Milch?
ER. Ja.
SIE. (Erleichtert aufatmend.) Und ich habe einen Schreck bekommen, dass du es vielleicht vergessen hast.
ER. Nein, ich habe es nicht vergessen. Damit das sp?ter nicht passiert, legen wir alles gleich in deine Tasche. (Er holt das Fleisch und eine Flasche Milch aus dem K?hlschrank.)
SIE. Was kostet das Fleisch?
Er macht eine protestierende Geste.
Ich m?chte das wissen, falls pl?tzlich die Schwiegermutter fragt.
ER. Hier ist der Kassenzettel.
Sie gibt ihm Geld, er gibt ihr das Restgeld zur?ck.
SIE. Danke. (stopft die Tasche mit den Eink?ufen voll.)
ER. Ziehst du vielleicht doch den Mantel aus?
SIE. Es lohnt sich nicht, ich bin nur f?r eine Minute da.
ER. Wann musst du weg?
SIE. Los, ?berschlagen wir das mal zusammen. Rechne mal, das ich ungef?hr 40 Minuten das Fleisch ausgesucht und die Milch gekauft habe. Ziehe davon den Weg zu dir und zur?ck ab – da bleibt nichts ?brig.
ER. Ich begreife nicht, warum du es so eilig hast.
SIE. Ich muss kochen.
ER. Fr?her hat doch deine Schwiegermutter gekocht.
SIE. Jetzt mache ich es selbst.
ER. Warum?
SIE. Damit mein Mann nicht merkt, dass ich schlechter zu ihm bin.
ER. Ich dachte, du hast dir freigenommen, um dich mit mir zu treffen und nicht um f?r deinen Mann das Mittagessen zu kochen.
SIE. Das habe ich auch gedacht, aber von der Schwiegermutter kommt man nicht f?r l?ngere Zeit weg. Sie ist schrecklich misstrauisch.
ER. Und dein Mann?
SIE. Mein Mann auch. Gestern habe ich die Tasche genommen, und er hat mich so angesehen, gel?chelt und gefragt “Einkaufen?“ Mir fiel das Herz in die Hose.