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Кавказ и Чечня – обозрение европейских ученых. Kaukasus und Tschetschenien. Ein Überblick der europäischen Wissenschaftler

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Auf dem Berge Kettesch-Kort wurden nicht allein alle Streitigkeiten und Zwistigkeiten geschlichtet, deren Entscheidung durch die «Alten» man sich unbedingt unterwarf, sondern hier wurden auch Ab?nderungen des Adat getroffen, wenn sie sich als nothwendig erwiesen, besonders in Folge fortschreitender Entwicklung. Sobald es sich zeigte, dass Streitfragen vorkamen, die man nicht vorhergesehen hatte, begaben sich die «Alten» nach dem Ursitz oder der Urheimat Naschachе, um von dort die Entscheidung zu holen; da nach der Meinung der Itschkerier und Tschetschenzen im engern Sinn dort die reinsten und richtigsten Gewohnheiten und Gebr?uche herrschen, so dass noch unl?ngst ein mit der Entscheidung unzufriedener Itschkerier sich dorthin f?r endg?ltige Entscheidung wandte.

Ohne Zweifel waren die j?ngern, sp?tern Ausz?gler aus Naschachе die Hauptursache und Haupturheber der Feststellung des Adat, da sie aus gebildeteren und fester stehenden Verh?ltnissen und ?ltester Niederlassung in wilde und w?ste neue kamen. In Naschachе soll eine auffallende Gemeinschaft der Bewohner bestanden haben (etwa an Kasakenthum und ?berhaupt den Russen noch heute eigenen Associations-Geist und Trieb erinnernd, der vielleicht tatarischen Ursprungs, wie so Vieles bei ihnen ist); diese Gemeinschaft gab sich unter Anderem auch darin kund, dass die Bewohner von Naschachе aus einem grossen, gemeinsamen Kessel (wohl aus mehreren, aber gemeinschaftlichen) speisten, der als Symbol der Freundschaft und Br?derlichkeit der Einwohner galt, die sich gleichem Geschick zu unterwerfen gesonnen sind.

Das Sprachgebiet des Tschetschenischen hat seine kompakteste Verbreitung auf dem rechten Ssunsha-Ufer l?ngs deren Zufl?ssen, nur wird am oberen Tschanti-Argun grusinisch gesprochen. Die zweite grosse Sprachgruppe liegt n?rdlich getrennt am Terek. Nach Osten hin bilden der Jarykssu und Aktasch bis zu ihrem Austritt in die kumykische Ebene die Grenze; nach Westen die Kambilеjewka (Nebenfluss des Terek) und der Terek selbst in der Schlucht von Dsherachow. Am meisten verbreitet unter den Dialekten ist der der Ebene. Eine Eigenth?mlichkeit des Tschetschenischen (wie auch des Awarischen) besteht in dem Vorhandensein von mittleren oder scharf leidenden Zeitw?rtern; um eine ?bertragungst?tigkeit anzuzeigen, wird der handelnde Gegenstand aber, auf den die Th?tigkeit gerichtet ist, im Nominativ.

Der Dialekt der Itschkerier, obwohl verh?ltnissm?ssig alt, bildete sich in Folge der oben angef?hrten Umst?nde um, haupts?chlich wohl in Naschachе, dem Stammsitze, in dem sie friedlich und aus verschiedenartigen Elementen sich zusammenfanden. Dass dies der Fall war, best?tigt sich dadurch, dass nach der Ueberlieferung die ersten Bewohner der argunischen und itschkerischen Gebirge ein und dieselbe Sprache redeten und nach denselben Sitten und Gebr?uchen lebten, wie die im heutigen Bezirk von Argun, im n?rdlichen Itschkerien, in der Tschetschena und anderen Gegenden, die weniger dicht von Tschetschenzen bewohnt sind, da diese erst in der Folge sich durch Vermehrung ergiebt sich ?brigens, dass der Dialekt von Naschachе ganz derselbe mit dem der Galgaier ist, w?hrend diese letzteren sich darin etwas von den Schatoiern, Tschaberlo?ern und andern unterscheiden, die wiederum eine N?ance mit den Dialekten der eigentlichen Tschetschna und Itschkeriens aufweisen, was nicht ausschliesst, dass sich bei den letztern gewisse kleine Unterschiedene je nach Ortschaften, zeigen.

Die Dialekte der Naschachе und Galgaier stehen dem des gegenw?rtigen Bezirks von Argun n?her, als denen der Itschkerier und der Bewohner der Tschetschna.

Nahe dem Aul Naschachе liegt, nach der Aussage der Tschetschenzen, der Aul Kereten oder Keretan-Akch, d. h. der Ort des Christen Akchai. Dieser Umstand weist darauf hin, dass das Christenthum hier aus dem benachbarten Grusien eindrang, das durch die heilige Nina zu Anfang des vierten Jahrhunderts christlich geworden war, und wo sich dasselbe ununterbrochen und fest gegen religi?s, politisch und national feindliche m?chtige Nachbarn: T?rken, Perser, Tataren und Bergv?lker erhielt. Nach Itschkerien brachten das Christenthum einzelne Pers?nlichkeiten, die mehr wohl aus Unabh?ngigkeitstrieb, als Apostel kamen; da aber in den Felsschluchten sich verschiedene Glaubensanschauungen zusammenfanden, so gewann der Bestand des Christenthums nur geringe Festigkeit, zumal keine Autorit?t oder feste Lehre es aufrecht erhielt. Ein solcher Zustand dauerte bis zum Jahr 722, also etwa 400 Jahre, wo die Araber mit Feuer und Schwert den Muhamedanismus einf?hrten und das rohe und vielfach verschiedene Heidenthum verdr?ngten.

Nahe dem Aul Belgata, unweit von Dargo, ?stlich von Wedеn, liegen zwei hohe Kurgane, die als religi?ses Heiligthum und Wallfahrtsort dienten. Beide Kurgane haben bis heute ihre Namen erhalten; Stella und Jerda.

In sp?terer Zeit scheint das Christenthum in viele Gegenden und auf mancherlei Arten in verschiedenen Zeiten eingedrungen zu sein, worauf mannigfache Anzeichen hinweisen, so auch der Kreuzes-Schmuck an verschiedenen alten Bauten und einiges Andere. Als ein Beweis daf?r, wie ?berhaupt f?r grusinischen Einfluss, d?rfte auch dienen, dass ganz zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts (1603), als Grusien um Beistand bei dem Zaren von Moskau Gunоff (als Glaubensbruder) bat, dieser einen Abgesandten nach Grusien schickte, um an Ort und Stelle sich ?ber das Verlangte zu orientiren. Ihm kam in der Tschetschna der Thronerbe Grusiens entgegen, um ihn an der Grenze seines Gebiets und seiner Glaubensgenossen zu empfangen, wie dies so oft und besonders im Orient ?blich ist, und es l?sst sich ebenso wenig voraussetzen als erkl?ren, dass es geschehen w?re, wenn die Tschetschna nicht christlich und nicht unterworfen gewesen w?re.

Damit stimmt auch ?berein, dass viele Wohnsitze in dem Tschetschenzengebiet grusinische Namen haben, und nach der Ueberlieferung die Gebirgsgegenden ?berhaupt meist den Grusiern unterworfen waren.

Die Tschetschenzen haben eine besondere Sympathie f?r die Kabardiner, die sie «delikate» Leute nennen, und von denen sie vielfach Sitten und Moden annehmen; namentlich das Sattelzeug, die Nogaika (kurze Pferdepeitsche), die Burka, die mit Silber besetzten Riemen, was Alles bei den Kabardinern besser hergestellt wird. Sie nennen die Lesghier, ihre Nachbarn im S?den, Ssоli; die Kumyken aber Gumyken. Ihre Erz?hlungen, Sagen, Ueberlieferungen tragen alle den Charakter, dass alle jungen M?nner Helden sein m?ssen. Die Weiber verrichten alle Arbeiten im Hause und auf dem Felde, ausser dem M?hen des Heues; auch holen sie kein Holz aus dem Walde Walde und ackern nicht; das Korn schneiden sie mit einer gew?hnlichen Sichel. – Wenn kein Mann im Hause ist, so bitten sie zur Feldarbeit um fremden Beistand, der ihnen ohne Entsch?digung gew?hrt wird. Die Gastfreundschaft ist sehr entwickelt, so dass bei Armuth alles Nothwendige von den Nachbarn zusammengetragen wird, um den Gast zu bewirthen. Die Familien bleiben m?glichst beisammen; es erscheint ihnen ver?chtlich, sich abzutheilen, obwohl es jetzt ?fter vorkommt; der j?ngere Bruder darf nicht fr?her heirathen als der ?ltere. Der Wohlstand hat sich seit Beendigung des Krieges gegen die Russen (1859) wesentlich gehoben; man findet bessere Wohnh?user, Kleider, Einrichtung und Nahrung. Der russische Ssamowаr (Theekessel mit Kohle geheizt) kommt h?ufig vor, zur Bereitung des Thees, sowle von Kartoffeln, Gurken und Wassermelonen. Das Brod wird meist aus Mais gebacken, die flachen ossetischen und lesghischen Brode aber nur aus Weizenmehl.

Die Tschetschenzen sind im Ganzen sch?nere Gestalten als die Lesghier und Osseten und auch ein demokratisches Volk, das keine St?nde kennt und darin wesentlich von den Tscherkessen, die ?berhaupt edler von Natur und Sitten sind, unterschieden. Sehr auffallend ist der so vielfach verbreitete j?dische Typus, der in Itschkerien und Auch besonders stark und fast allgemein hervortritt, w?hrend der spezifisch arabische nur selten, aber stets auffallend edel vorkommt. Aus den kurzen historischen Andeutungen und besonders aus der Verbreitung des j?dischen Glaubens unter den Chasaren, der wohl durch zahlreiche Juden eingef?hrt und erhalten wurde, l?sst sich diese auch im Daghestan und sonst im Kaukasus auffallende Erscheinung theilweise erkl?ren. Eigenth?mlich tritt es hervor, dass besonders gebildete Tschetschenzen und h?here Befehlshaber noch aus der Zeit von Schamyl mit am meisten den j?dischen Typus zeigen, sich selbst aber als aus Scham (Damaskus) herstammend ausgeben, um ihre (vornehme) arabische Abstammung aus der Zeit der Einf?hrung der Lehre Muhamed?s zu beweisen, die bis um?s Jahr 1840 unter den Tschetschenzen nur sehr lauen Anhang gefunden hatte.

Aber auch in der Art zu sprechen, d. h. die Worte zu ziehen, erinnern die Tschetschenzen an Juden. Der Tschetschenze ist im Ganzen besser und geschmackvoller gekleidet als der Lesghier, dem er im Charakter, da er schlauer und listiger ist, nachsteht, obwohl solche Gesammturtheile schwer zu f?llen und auszusprechen sind. Die Weiber sind h?bscher und weniger bedr?ckt, als bei den Lesghiern, dergestalt, dass bei dem Besuch im Aul und dem ostensiblen Empfang von Seiten der Bewohner an der Flanke der M?nner einige zu dem Hause geh?rige Weiber standen, in welchem der Besuch erwartet wurde.

Sch?n und malerisch durch landschaftlich ansprechende Gebirgs- und Bergbildungen, von Fl?ssen durchstr?mt und von zusammenh?ngenden und einzelnen Baumgruppen durchsetzt, mit fruchtbaren, h?ufig durch heftige Regeng?sse hinabgesp?lten Feldern bedeckt, sind die beiden ?stlichen Gebiete der Tschetschenzen, die der Auch?er und Itschkerier, auch traditionell-militarisch f?r die kaukasischen Kriege die reichste und interessanteste Gegend; diese wird nach Osten hin deutlich durch einen Gebirgsr?cken begrenzt, der rippenartig von dem hohen und steilen Kamm nach Norden ausl?uft, der den Daghestan von dem Lande der Tschetschenzen trennt; dieser Gebirgsr?cken heisst Sala- (Ssala) Tau, d. h. vornehmes Gebirge. Auf dem kurzen Ostabfall dieser Gebirgsrippe zum Sulak (Ssulak) wohnen bereits Lesghier, die aber, als Tawliner oder Tawlinzen (Bergbewohner), einen etwas gemischten Typus aufweisen. Infolge der Richtung der Flussl?ufe nach Norden, wohin auch die kommerziellen Verbindungen nach der n?rdlichen Ebene und der grossen von West nach Ost, von Wladikawkas nach dem Hafen von Petrowsk und der Hauptstadt des Daghestan, Temir-Chan-Schurа, gehenden Strasse f?hren, ist das Eindringen nach Itschkerin und dem Lande Auch besonders leicht und belohnend, wenn man ihren vielfach gewundenen Th?lern aufw?rts folgend aus der Steppe durch das Gel?nde zu Berg- und Gebirgslandschaft aufsteigt; und hierbei machen die Erhebungen als Wasserscheiden zwischen den Fl?ssen meist keine besonderen Schwierigkeiten, wenn auch nat?rlich von Fahrwegen im europ?ischen Sinne des Wortes abgesehen werden muss, obwohl die zweir?drige Arba verm?ge der Einfachheit ihrer Construktion viel leichter als vierr?drige Fuhrwerke durchkommt. – Wesentlich wird Itschkerien durch eine grosse und durch Natursch?nheiten herrliche Strasse begrenzt, welche aus dem westlichen und Central-Daghestan ?ber das Gebirge nahe bei Andi in das Thal des Chorotschoi f?hrt, der im Unterlauf Bjelaja heisst und in die Ssunsha fliesst. Diese Strasse f?hrt weiterhin nach Grozny, einem Verwaltungscentrum und fr?heren wichtigen Militairposten; an ihr liegt in beinahe 1000 Meter H?he Wedеn (Wedenо), die letzte Residenz Schamyl?s, in einem l?nglichen, von waldigen H?hen romantisch eingefassten Thale. Wer nicht grossartige Natursch?nheiten, aber sch?ne, ansprechende und durch Berge, Gew?sser und Wald interessante und wechselvolle Landschaftsbilder sucht, der wird auf Ritten durch diese Gegenden reich belohnt. Selten schroff ist in Natur und Erhebung der pl?tzliche, ganz unvermittelte Gegensatz zwischen dem grauen, rauhen und todten Felslande des Daghestan und dem gr?nen, milden und lebensvollen Itschkerien; beide sind nur durch einen hohen Scharfen Gebirgswall getrennt, zu dem Itschkerien und Auch das davorliegende bewachsene Glacis bilden.

Die oben erw?hnte, s?dlich vom Terek von West nach Ost f?hrende Strasse l?uft in der Ebene unmittelbar l?ngs des Fusses dieses Glacis, und wenn der Terek den Vorgraben darstellt, so war er zugleich die erste russische Hauptangriffslinie und Parallele, l?ngs welcher die Linienkasaken angesiedelt wurden, welche die Tschetschenzen von Norden und Westen her, von der Ssunsha, einengten. Die n?chste Angriffsparallele gegen sie lag dann s?dlicher, am Fusse des eben erw?hnten Glacis, an dem Austritt der Fl?sse aus dem Berggebiet, bezeichnet durch die heute noch vorzugsweise, ja theilweise ausschliesslich eine militarisch-polizeiliche Bedeutung hebenden Ortschaften, Stabsquartiere genannt, da Regimentsst?be hier lagen und liegen: Tschir-Jurt, Chassaw-Jurt, Gersel-Aul und westlicher am Argun Wosdwischenskaja.

Wedеn und fr?her Dargo, nahe ?stlich davon, wie auch fr?her schon Achulgo, waren die zeitweisen Residenzen Schamyl?s, und wurden deshalb zu spezifischen Angriffsobjekten f?r russische Kriegsoperationen gew?hlt, deren Unhaltbarkeit im Prinzip und daher nicht entsprechende Ausf?hrung, bei der die aufgewendeten Mittel und Opfer in gar keinem Verh?ltnisse zu dem zu theuer erkauften Erfolge standen, mehrfach deutlich zu Tage trat. Jede Uebertragung von Begriffen, die ihren Ursprung der Kombination, der Reflektion verdanken, darf nur statt haben und kann nur erfolgreich sein, wenn die Grundbedingungen, die zu ihnen f?hrten, dieselben oder sehr ?hnliche sind. Wenn in Europa die Eroberung und Besitznahme der Hauptstadt eines feindlichen Landes meist den entscheidensten Wendepunkt des Krieges bezeichnet und als Hauptziel in?s Auge gefasst werden muss, so konnte solches, ganz abgesehen von der Kleinheit der Verh?ltnisse nach Lokalot?t und Macht, hier im Daghestan und der Tschetschna w?hrend der Kriege gegen Schamyl durchaus keine Stelle finden, obwohl man wiederholt glaubte, dass mit dem Falle seiner Residenzen gar keine politische oder strategische Bedeutung hatten. Ob Schamyl mit seinen in tiefster Armuth lebenden St?mmen zeitweilig oder dauernd hier oder dort seinen Wohnsitz aufschlug, von dem aus er herrschte und die Operationen leitete, war vollst?ndig gleichg?ltig. Eine Ortschaft, ein Felsennest war wie das andere und hatte spezifisch gar kleine besondere Bedeutung; sie war nur der zeitweilige Lagerplatz, die Lagerst?tte f?r Schamyl, der mit seinen M?riden (von ihm gew?hlten, zuverl?ssigsten, ergebensten, energischsten und gewandtesten jungen M?nnern) ?ber Alles und wachte, denen er zugleich religi?ses Oberhaupt war. – Die Orte selbst boten dazu nichts und konnten nichts dazu bieten, sie hatten gar keinen Vorzug noch Bedeutung vor andern voraus und wurden nur je nach den gerade herrschenden Umst?nden gew?hlt. Anders war es mit der letzten Residenz Schamyl?s, Wedеn; hier aber lagen die fr?heren Residenzen glaubte man mit dem Fall derselben Schamyl?s Herrschaft zu st?rzen, vergass aber, dass nicht der Ort seine Herrschaft begr?ndete, sondern dass dies nur seine Person war und es auf diese allein ankam, ganz gleichg?ltig, wo sie sich aufhielt und von wo sie wirkte. Nachdem der Statthalter des Kaukasus, F?rst Bar?tinski, eine durch Menschenkenntniss, europ?ise Bildung und Kultur, durch Geburt und Erziehung, Pers?nlichkeit und Charakter, selten vornehme und ?chte Soldatennatur, in richtiger Erkenntniss der Sachlage durch Erfahrung und Kampf Schamyl?s Fall wenige Jahre zuvor schon berechnend vorausgesehen hatte, schloss er ihn in dem ihm untergebenen Gebiete immer mehr ein und liess ihm nur Wedеn als letzte Residenz, da Schamyl, obwohl selbst ein Daghestaner, und vom Daghestan ausgehend in Gewalt und Operationen, doch der Tschetschna haupts?chlich bedurfte, sowohl deren militairischer wie strategischer H?lfe, als auch ihrer materiellen Mittel wegen, die der arme Daghestan nicht dauernd liefern konnte. So fiel auch mit der letzten Veste in der Tschetschna, Weden, pl?tzlich und vollst?ndig seine ganze Macht und sein ganzer Einfluss.

Es handelte sich also bei Weden nicht um Schamyl?s Residenz, sondern um Schamyl selbst und in erster Linie um sein letztes Gebiet und seine Macht bei den Tschetschenzen. Wenn einige Monate sp?ter sich Schamyl im Daghestan dem F?rsten Bar?tinski ergab, bereits als machtloser Fl?chtling, so war sein Fall und das Ende des Krieges im ?stlichen Kaukasus doch mit der Einnahme von Weden besiegelt gewesen.

Weden in beinahe 1000 Meter Meeresh?he ist, wie die meisten tschetschenischen Ortschaften, von denen es sich gegenw?rtig durch militairische und administrative Baulichkeiten wesentlich unterscheidet, eine von Fruchtg?rten und sonstigen B?umen umgebene und besetzte Ortschaft, wie ?berhaupt die tschetschenischen D?rfer etwas Freundliches, Ansprechendes haben, besonders im Gegensatz zu den Felsennestern und Steinbauten, oder richtiger Kasten, des Daghestan. Die H?user sind mehr aus Lehm und Holz erbaut, nur haben die meisten noch die flachen ?cht-orientalischen D?cher, die ausserordentlich n?tzlich gegen Feuersgefahr sind, sonst aber, besonders bei anhaltendem Regen, manches zu w?nschen ?brig lassen.

In der Umgegend von Weden wurden Knochenreste eines vorweltlichen Thieres gefunden, die sich bei n?herer wissenschaftlicher Untersuchung in Petersburg und Berlin als Thiele von den Kiefern eines Fisches erwiesen, der zur Gattung der Wale geh?rt und etwa die L?nge von mehr als drei Meter haben musste.

W?hernd des letzten Krieges der Russen in der T?rkei und Kleinasien hatten sich die Tschetschenzen, besonders aber die Lesghier, emp?rt und einen Aufstand gemacht, der nat?rlich keinen dauernden Erfolg oder politische Bedeutung gewinnen, immerhin aber viel lokales und pers?nliches Unheil anrichten konnte; der Aufstand wurde ohne besondere Folgen bald erstickt, hielt aber zwei russische Infanterie-Divisionen dauernd fest und verursachte manchen Schaden im Daghestan. Da es an einem einsichtsvollen und energischen F?hrer den Aufst?ndischen fehlte, so wurde er planlos und mit vollster Unkenntniss der Verh?ltnisse unternommen, obwohl Viele sich von ihm hinreissen liessen, die noch unter Schamyl gewisse Stellungen eingenommen hatten. – die Civilverwaltung hat in der Tschetschna seit einigen Jahren grosse Fortschritte gemacht, wenn auch das vielleicht etwas zu fr?h eingef?hrte Institut der Friedensrichter, das den Asiaten im Kaukasus ein ganz fremder Begriff ist, nicht verhindert hat, dass in der Tschetschna, selbst an der Poststrasse im Norden und bei den Inguschen, in unmittelbarer N?he von Wladikawkas, Raubanf?lle und Ueberf?lle vorkommen. Bei seiner ausserordentlichen Fruchtbarkeit und der bald das Land im Norden begleitenden Eisenbahn von Wladikawkas nach Petrowsk ist demselben bei gen?gender Besiedlung und entsprechender Administration eine sch?ne, bl?hende Zukunft mit Bestimmtheit vorherzusagen.

S?dlich von Grosny, das ein rechter Fieberort ist, den Argun aufw?rts ?ber Wosdwischenskaja hinaus, wie ?berhaupt auf der ganzen Ebene von Wladikawkas nach Petrowsk, liegen viele Kurgane, die hier sich vorzugsweise auf einer h?her gelegenen Stelle nahe dem Argun finden. In der Umgegend von Wosdwischenskaja giebt es deren ?ber hundert verschiedenster Gr?sse bis zu vielen Metern hoch, so dass auf ihnen theilweise Wachtposten etablirt sind.

Die Ausgrabungen einiger Kurgane ergaben nichts Besonderes, sie enthielten einige St?ck Eisen und Messer. Nach der Aussage der Tschetschenzen sollen sie von Kalmyken herstammen. Weiter aufw?rts nach Schatoi, wo sich Th?rme finden, l?uft ein schon in alter Zeit benutzter Weg ?ber das Gebirge nach Grusiern her zur Vertheidigung gegen Einf?lle von Norden.

Die Tschetschenen

Forschungen zur V?lkerkunde des nord?stlichen Kaukasus auf Grund von Reisen in den Jahren 1918—20 und 1927/28 von Doktor Bruno Plaetschke Assistent am Geographischen Institut der Universit?t K?nidsberg Pr.

Mit 68 Figuren und einer Karte im Text und 24 Abbildungen auf 12 Tafeln. 1929.

Druck von J. J. Augustin in Gl?ckstadt und Hamburg.

Vorwort

Von Oktober 1927 bis Februar 1928 durchwanderte ich das am Nordostabhang des Kaukasus gelegene Gebiet der Tschetschenen und Teile des nordwestlichen Daghestans kreuz und quer zu allgemein landes- und volkskundlichen Studien. Nicht ohne Umschweife gesagt werden, da? das Tschetschenengebiet vom gesamten Kaukasus bisher das unbekannteste geblieben ist. Die Gr?nde hierf?r sind verschiedener Art. Zun?chst einmal finden wir im kaukasischen Osten nicht die machtvolle eisgepanzerte Hochgebirgswelt wie in der Westh?lfte des Gebirges, wenn auch die Berge des Daghestan z. B. des Eigenartigen genug bieten und auch der verw?hnteste Reisende dort auf seine Kosten und Wissenschaftler in der Hauptsache meist nur durch die zentrale Gebirgskette zwischen Kasbek und Elbrus anziehen lassen, von einigen Ausnahmen abgesehen. Und diejenigen, die nach dem Osten gingen, wandten auch hier ihre Hauptaufmerksamkeit in der Regel nur dem Hochgebirge zu; das Mittelgebirge wurde viel weniger durchforscht. dieses nimmt aber gerade im Tschetschenengebiet den weitaus gr??ten Raum ein, sofern man darunter alle Berge versteht, die die Schneegrenze nicht mehr erreichen. Das einzige Hochgebirge, die Pirikitelische Kette, bildet schon die s?dliche Grenze des Gebietes, geh?rt also nur mit seinem Nordhang noch zum Tschetschenengebiet.

Ein weiterer Grund, der vielleicht manchen abgehalten hat, einmal die Tschetschenen im allgemeinen standen. Sie galten und gelten von allen Kaukasus V?lkern wenn auch nicht als das wildeste, – in diesem Punkt d?rften sie von den Chewsuren und den Swanen noch ?bertroffen werden – so doch als das unzuverl?ssigste und unruhigste. Raub?berf?lle, bei denen es auf ein Menschenleben nicht ankommt, kommen auch jetzt noch vor, ja man kann sagen, da? nach einiger Zeit der Ruhe das Bandenunwesen gerade jetzt wieder aufzuleben beginnt; selbst die streng durchgreifenden Sowjetbeh?rden sind dagegen machtlos. Ich selbst kann mich freilich ?ber Unfreundlichkeiten von seiten der Bev?lkerung nicht beklagen, sondern bin, von einem Sonderfall abgesehen, ?berall mit Freundlichkeit, ja Herzlichkeit aufgenommen worden. Das hatte freilich seinen besonderen Grund auch darin, da? ich von einem fr?heren Aufenthalt in den Revolutionsjahren 1918—20 viele Bekannte in den Bergen hatte, deren Unterst?tzung ich mich jetzt wieder erfreuen konnte.

Wenn ich auch bei diesem ersten Aufenthalt keine wissenschaftlichen Ziele verfolgte – ich war milit?risch auf Seiten der Bergv?lker t?tig —, so erwarb ich mir doch eine gute Kenntnis von Land und Leuten, so da? ich diesmal keine Zeit zu verlieren brauchte mit allgemeiner Orientierung.

Die vorliegende Arbeit bringt nur die volkskundlichen Beobachtungen und auch von diesen nur einen Teil. Wenn die Reise auch haupts?chlich zu allgemein landeskundlichen Studien unternommen wurde, so hatte ich doch gen?gend Gelegenheit, volkskundliche Beobachtungen zu machen, und das wiederum dank der engen F?hlung mit den Eingeborenen, insbesondere deswegen, weil ich Abend f?r Abend bei ihnen zum ?bernachten einkehrte. Und das ist letzten Endes Bedingung f?r erfolgreiches Arbeiten.

Meine volkskundlichen Beobachtungen wurde nicht systematisch gemacht und weisen daher manche Dinge erst zu achten anfing, als es schon zu sp?t war und mein Aufenthalt zu Ende ging. In der Hauptsache beschr?nkte ich mich auf Sammlung von Materialen, die die materielle Kultur betreffen. F?r genaueres Studium der geistigen Kultur, insbesondere auch der sehr interessanten gesellschaftlichen Zust?nde, reichte die Zeit nicht aus. Auch sind derartige Untersuchungen ohne Kenntnis der Stammessprache mit gro?en Schwierigkeiten verbunden. Meine russischen Sprachkenntnisse n?tzten mir in den entlegenen Gebirgsd?rfern nicht viel, da dort Russisch nur von sehr wenigen verstanden wird, in manchen D?rfern ?berhaupt von niemandem. Dasselbe gilt vom Tatarischen bezw. Kum?kischen, das im Daghestan vielfach als Umgangssprache dient; es ist nur den den Kum?ken unmittelbar benachbarten Tschetschenen bekannt.

Bei der Unbekanntheit des Gebietes habe ich es f?r zweckm??ig erachtet, einen ausf?hrlicher gehaltenen geographischen ?berblick ?ber das bereiste Gebiet voranzuschicken.[1 - Eine landeskundliche Studie ?ber den Nordostabhang des Kaukasus ist in Vorbereitung.] Insbesondere ist es mir dabei um eine kurze Charakterisierung der einzelnen tschetschenischen Landschaften bezw. Gaue zu tun, zumal ich bei den volkskundlichen Ausf?hrungen auch auf die geographische Verbreitung einzelner Erscheinungen innerhalb des Tschetschenengebietes n?her eingehe. Da ferner die tschetschenische Kultur keine Sonderkultur darstellt, sondern ?hnlichkeiten und ?bereinstimmungen mit der Kultur der ?brigen Kaukasusv?lker ?berall ersichtlich werden, so erschien es mir auch nicht unangebracht, die geographische Stellung des Tschetschenengebietes im Kaukasus kurz zu kennzeichnen.

Hierzu noch einige allgemeine Bemerkungen ?ber den Stand der v?lkerkundlichen Forschung in den Kaukasusl?ndern. Wie ?berall in der Welt, so verschwinden auch hier die alten Volkskulturen in ihren geistigen und materiellen Bestande immer mehr und mehr und werden durch die moderne Lebensf?hrung westeurop?ischer Herkunft verdr?ngt, die gerade durch den Krieg und besonders den Bolschewismus aufs intensivste verbreitet und bis in die entlegensten Gebirgst?ler getragen worden ist. Aber ebenso eifrig ist man dabei, das noch vorhandene aufzuzeichnen und in Museen zu sammeln, bevor es endg?ltig verschwindet. An dieser gegenw?rtig in vollem Gange befindlichen Arbeit ist jedoch der Anteil westeurop?ischer Forscher, die in fr?heren Jahrzehnten doch in vorderster Front standen, recht gering. Allerdings d?rfte das Interesse f?r den Kaukasus bei uns keineswegs nachgelassen haben, eher wohl im Gegenteil. Ganz unverh?ltnism??ig viel st?rker ist aber auf russischer Seite das Interesse f?r den Kaukasus bei uns keineswegs nachgelassen haben, eher wohl im Gegenteil. Ganz unverh?ltnism??ig viel st?rker ist aber auf russischer Seite das Interesse f?r landes- und volkskundliche Forschung und f?r Kaukasuskunde im besonderen gestiegen. Unterst?tzt wird diese Bewegung durch eine straffe Organisation, die die zahlreichen j?hrlich in den verschiedenen Teilen des Reisenreiches arbeitenden Expeditionen nach einheitlichem Plane leitet. Das hat freilich seinen besonderen Grund auch darin, da? als Quelle f?r die hierzu notwendigen Mittel ausschlie?lich die Staatskasse in Frage kommt, wie es ja in einem kommunistischen Staate nicht anders m?glich ist. Vor allem aber mu? ber?cksichtigt werden ? ein Umstand, der viel zu wenig bekannt ist —, da? die landes- und volkskundliche Forschung nicht blo? von den Russen betrieben wird, sondern da? die zahlreichen Fremdv?lker des Reiches, auf die sich die Untersuchungen doch haupts?chlich erstrecken, selbst schon tatkr?ftig dabei mitarbeiten, das eine mehr, das andere weniger. Gr??ere V?lker, wie das alte Kulturvolk der Georgier, haben das ja auch fr?her schon getan, aber bei den anderen kleinen Kaukasusv?lkern, besonders den Nordkaukasiern, ist der Sinn f?r Heimatforschung in der letzten Zeit erwacht bezw. k?nstlich geweckt worden im allgemeinen Zusammenhange mit der Nationalit?tenpolitik der Sowjetunion. Wesentlichen Anteil daran hat die Entwicklung des Volksbildungswesens. W?hrend meines Aufenthaltes genossen im Tschetschenengebiet ungef?hr 40% aller Kinder regelm??igen Schulunterricht, in den D?rfern der Ebene mehr, im Hochgebirge weniger. Es waren nur einige wenige, schwer zug?ngliche Hochgebirgst?ler, in denen noch keine Schule existierte. Die Fremdv?lker haben eben durch den Bolschewismus au?erordentliche Vorteile erhalten; auch als Gegner des Bolschewismus mu? man dies zugeben[2 - N?heres dar?ber enth?lt mein Aufsatz in der Zeitschrift «Osteuropa» 1928, Heft 10: «Vom kulturellen Leben in den kleinen Autonomen Gebieten des Nordkaukasus».]); ihre kulturelle Entwicklung ist auf Kosten der russischen Volksteile. Voll auswirken, besonders eben auch f?r die Heimatforschung, wird sich diese Wandlung der Dinge erst in einigen Jahren, wenn die j?ngere Generation der Fremdv?lker herangewachsen sein wird. Aber auch heute hat jedes der kleinen Autonomen Gebiete des Nordkaukasus – und in den anderen Teilen des Reiches ist es ebenso ? sein eigenes kleines heimatkundliches Museum. Zentren der Forschung sind die Museen und Institute von Wladikawkas und Petrowsk (Machatschkala), in denen st?ndige wissenschaftliche Kr?fte arbeiten, wovon periodische Ver?ffentlichungen zeugen. Hier wurde mir auch bereitwilligst Gastfreundschaft gew?hrt, wof?r ich auch an dieser Stelle danken m?chte.

So mu? derjenige, der heute Kaukasusforschung betreibt, ganz gleich, ob in natur- oder geisteswissenschaftlicher Richtung, sich eingehend mit den Arbeiten vertraut machen, die in den letzten Jahren von russischen Forschern und eingeborenen Kaukasiern an Ort und Stelle geleistet worden sind und noch werden, (страница VIII) wenn seine Beobachtungen und die daraus gefolgerten Schl?sse dem jeweiligen Stande der Forschung entsprechen sollen. Freilich ist diese Forderung infolge des trotz mancher Bem?hungen noch mangelhaften Literaturaustausches nicht leicht zu erf?llen.

F?r die Reise standen mir nur sehr geringe Mittel zur Verf?gung. Ein gr??erer Betrag, der mir, als ich mich schon im Kaukasus befand, in gro?z?giger Weise vom Hamburger Museum f?r V?lkerkunde zum Erwerb v?lkerkundlicher Gegenst?nde noch zur Verf?gung gestellt wurde, kam infolge mannigfacher Schwierigkeiten leider nur zum kleinen Teile in meine H?nde. Einige der mitgebrachten Gegenst?nde sind hier ver?ffentlicht; die Anfertigung der betreffenden Zeichnungen geschah in dankenswerter Weise durch das Museum. Vom allem danke ich dem Leiter der kaukasischen Abteilung des Museums, Herrn Dr. A. Byhan, f?r sein oft bewiesenes freundliches Entgegenkommen. Manch wertvolle Anregung erhielt ich von meinem Freunde Dr. Friedlich Baumhauer, Osterode, Ostpr., auf Grund seiner auf eigenen Forschungen beruhenden eingehenden Kenntnis der georgischen Volkskunde.

Herrn Prof. Dr. Arved Schultz, dem Direktor des Geographischen Instituts der Universit?t K?nigsberg, des deutschen Institutes, das die besten M?glichkeiten f?r Studien zur allgemeinen Landeskunde des russischen Ostens bietet, gilt mein besonderer Dank f?r das rege Interesse und die F?rderung, die er meinen kaukasischen Arbeiten zuteil werden lie? sowie daf?r, da? die Ver?ffentlichung der vorliegenden Schrift in dieser Ausstattung erm?glicht wurde.

A. Geographische Grundlagen

I. Grenzlinien, Ausdehnung und Bev?lkerungszahl des Tschetschenengebietes

Im folgenden sei zun?chst kurz der Verlauf der Grenzen des Autonomen Gebietes der Tschetschenen angegeben.

Die S?d- und S?dostgrenze verl?uft l?ngs der Wasserscheide zwischen dem Flu?gebiet des Terek und des Ssulak, bezw. der Ssunscha und des Andischen Koissu. Sie zieht also vom Tebulos-mta die Pirikitelische Kette, bezw. den Basch-lam[3 - Der in der Literatur gebr?uchliche Name «Pirikitelische Kette», ein Wort georgischer Herkunft, ist am Nordhange des Gebirges vollkommen unbekannt. Der tschetschenische Name, der in dieser den Tschetschenen gewidmeten Arbeit allein verwendet werden soll, lautet «Basch-lam» (lam = Berg, Gebirge).]) entlang bis zum Diklos-mta und folgt dann in n?rdlicher Richtung der Andischen Kette bis in die Gegend des Sees Esen-am, ?stlich an diesem vorbeiziehend. Hier greift die Grenze s?dostw?rts ein wenig ?ber die Wasserscheide hin?ber. Vom Kerket-Pa? aus verl?uft sie wieder ostw?rts auf der andischen Wasserscheide, die sie erst bei den Quellen des Jarykssu endg?ltig verl??t. Sich nach Norden wendend zieht sie etwa 20 km auf der Wasserscheide zwischen dem Aktasch im Osten und dem Jarykssu im Westen entlang, ?berschreitet dann in nordwestlicher Richtung den letzten sowie die Wasserl?ufe des Jamanssu und n?rdlich der Bahn Grosny-Petrowsk auch des Akssai und erreicht den Terek bei der Stanize Schelkosawodskaja ungef?hr an der Stelle, an der er seinen Lauf nach Norden zu wenden beginnt. Die Nordgrenze wird nun ?berall durch den Terek gebildet. Etwa 20 km ?stlich von Mosdok verl??t sie den Terek und ?berschreitet in s?dlicher Richtung die H?hen des Terek-Ssunscha Gebirges. In der Ssunscha-Ebene bildet sie eine nach Westen offene Schleife und zieht dann, wieder in das Gebirge eindringend, auf der Wasserscheide zwischen den beiden Nebenfl?ssen der Ssunscha Assa und Fortanga nach S?ben zum Gebirgsknoten des Muiti-ker. Von hier steigt sie in s?d?stlicher Richtung ins Tal des oberen Argun hinab und erreicht, sich s?dw?rts wendend, wieder den Tebulos-mta.

Da die Tschetschenen in geschlossener Masse beisammen wohnen, so finden sich innerhalb der gezeigten, die in tschetschenischen D?rfern wohnen. Eine Ausnahme macht nur das ganz ?berwiegend russische Grosny mit seiner Erd?lindustrie, das bisher ein Verwaltungsgebiet f?r sich bildete, neuerdings jedoch zum Autonomen Gebiete der Tschetschenen geschlagen worden ist. Umgekehrt gibt es au?erhalb dieses autonomen Gebietes keine Tschetschenen, abgesehen von den Bewohnen einiger weniger D?rfer, die der Sowjetrepublik Daghestan zugeteilt worden sind.

Der Gesamtfl?chenraum des Gebietes mag nach roher Sch?tzung etwa 10 000 qkm betragen, w?rde also nur etwa ? der Fl?che Ostpreu?ens ausmachen. An Einwohnern zahlte man im Jahre 1926, 311 000 ohne die 95 000 Einwohner des Bezirkes von Grosny.

Wie ein Blick auf die Karte zeigt, besteht das Tschetschenengebiet aus einem gebirgigen und einem ebenen Teil, die ungef?hr gleich gro? sind.

II. Lage des Tschetschenengebietes im Gebirgsbau des Kaukasus

Der Gebirgszug des Kaukasus l??t sich zwanglos in drei gro?e Hauptteile zerlegen, eine Einteilung, die auch von den meisten Geographen bevorzugt wird, dr?ngt sie sich doch sozusagen von selbst auf. Die lange Kette gewaltiger Schneegipfel und Firnfelder im zentralen Teil wird zun?chst als Einheit empfunden. Der Grenzpunkt gegen die beiden ?u?eren Drittel kann verschieden gew?hlt werden. Der Geologe wird als Grenze nach Osten hin die Terekschlucht annehmen, da dort die kristallinen Gesteine unter die alten dunklen Schiefer des Ostkaukasus untertauchen; orographisch wird man als ?stlichen Grenzpunkt des zentralen Teils besser den Gebirgsknoten des gro?en Borbalo betrachten. Etwa 50 km westlich des Elbrus beginnt das westliche Drittel des Gebirges, das, rasch niedriger werdend, schlie?lich in der Halbinsel Taman sein ende findet.

Viel klarer als das westliche Drittel erscheint das ?stliche als eigenartiger, selbst?ndiger Gebirgsteil abgesetzt, der Daghestan. Dies m?chtige schildartige Dreieck scheint eigentlich nur eins mit dem ?brigen Gebirge gemeinsam zu haben: die gleichsinnige, geradlinig fortgesetzte Erstreckung des wasserscheidenden Kammes von WNW nach OSO. Der ganze S?dhang des Kaukasus fehlt hier; er ist abgesunken. An seiner Stelle breitet sich daf?r die sonnige Ebene Kachetiens. Scharf, wie abgeschnitten, liegen hier Hochgebirge und flache Niederung unvermittelt nebeneinander. Man vergleiche damit die breite Entwicklung des S?dhanges im zentralen und westlichen Kaukasus. Aber auch der stehengebliebene Nordhang des Daghestans ist in seiner Gliederung und in seinem Aufbau grundverschieden von dem des zentralen Kaukasus.

Seit langem unterscheidet man am Nordhang des Kaukasus mehrere parallele Ketten, die bald mehr, bald weniger klar zu erkennen sind. Allen Teilen des Gebirges gemeinsam ist der Hauptkamm. Diesen Namen f?hrt er nicht deswegen, weil sich in ihm das Gebirge zu seiner gr??ten H?he erhebt, sondern weil er die Wasserscheide ?berall bildet; nirgends wird er von einem Flusse durchbrochen. Die h?chsten Erhebeungen finden sich vielmehr in dem ihm n?rdlich vorgelagerten sogenannten Seitenkamme, wie Elbrus, Koschtan-tau, Dych-tau und Kasbek. Durch viele Quert?ler erscheint er in einzelne Massive aufgel?st. Mehrfach ist er durch Querjoche mit dem Hauptkamme verbunden, nach S?dosten glaubt man im hohen Basch-lam und der Bogosgruppe im Daghestan zu erkennen.

Weiter unterscheidet man den Felsigen Kamm (skalistyi chrebjet der Russen), darauf folgend den Almenkamm (pastbischtschnyi chr.) und schlie?lich den oder die Waldigen K?mme (ljessistyi chr.). Was jedoch den Felsigen Kamm anbelangt, so mu? bemerkt werden, da? dieser Name im zentralen Kaukasus gepr?ht wurde, wo diese Kette gr??ere H?hen erreicht als ?stlich der georgischen Heerstra?e; im Tschetschenengebiete zeigt er nur noch stellenweise felsigen Charakter; der Felsige Kamm ist hier gr??tenteils genau so mit Almen bedeckt wie der n?rdlich von ihm sich hinziehende sogenannte Almenkamm.

Diese langen, durch viele Quert?ler in einzelne Teile aufgel?sten parallelen Kettenz?ge sind charakteristisch f?r den zentralen Kaukasus. Die ?u?eren Ketten werden zwar durch den Einbruchskessel von Wladikawkas teilweise unterbrochen; doch ist ?stlich der Georgischen Heerstra?e die ganze Reihenfolge der K?mme, vom Hauptkamm bis zu den Waldigen K?mmen, wieder klar zu erkennen. Das gilt noch f?r die ganze westliche Tschetschnja[4 - Russische Bezeichnung f?r das Gebiet der Tschetschenen.]), doch nur bis zum Argun. ?stlich dieses Flusses tritt mit Macht eine andere Erhebungsrichtung in Erscheinung, die von SW nach NO zieht und die bisher ausschlaggebende Richtung WNW-OSO weitgehend verdr?ngt. Diese Erhebungsrichtung SW-NO ist bestimmend f?r die Gestaltung des Daghestans. Dadurch kommt ein fremdes Element in das System des Kaukasus, das seinen bis dahin so einheitlichen Charakter ganz verwischt. Gleich einer ungef?gen schweren Masse, gleich einem Fremdk?rper scheint der Daghestan in dem sonst so wohlgeordneten Kettengef?ge des Kaukasus zu h?ngen. Abgesehen von der anderen Orientierung seiner Gebirgsz?ge ist es vor allem die seltsame Abgeschlossenheit, die den Daghestan so aus dem Rahmen des ?brigen Kaukasus herausfallen l??t. Ein m?chtiger Kalkgebirgswall umschlie?t ihn im NW, N und O und zwingt die Wasser der vier Koissufl?sse, sich in einem tiefen Canon von seltener Gro?artigkeit sich durch diese Mauer einen Ausweg zum Kaspischen Meere zu bahnen.

Eigenartiger Faltenbau und tiefgreifende Erosion haben besonders im tiefer gelegenen nordwestlichen Teile dieser riesigen nat?rlichen Festung ein chaotisches Durcheinander von scharfen K?mmen, breiten, rings isolierten blockartigen Plateaus und tiefen Schluchten geschaffen, in dem es selbst von erh?htem Standpunkt aus schwierig ist, sich zu orientieren. Erst bei genauerem Studium erkennt man, da? auch dieses vermeintliche Chaos gesetzm??ig gestaltet ist.
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