
Ein Licht Im Herzen Der Dunkelheit
Er sah zu, wie sie langsam ihren Blick zu seinem Gesicht hob, und konnte die Angst sehen, dass er sie davon abhalten könnte… er wollte sie abhalten, aber er würde es nicht tun. Irgendwann würde sie selbst wählen.
Zögernd die Tatsachen akzeptierend, nickte Kotaro leicht und griff dann nach ihrer Hand, um sie kurz festzuhalten, während seine eisblauen Augen ihre stürmisch smaragdgrünen durchbohrten… das hatte er vor über tausend Jahren erkannt. Er wünschte sich nur, dass sie sich erinnern könnte.
„Abgemacht, Kyoko. Ich komme morgen wieder vorbei. Sei vorsichtig, Schönheit.“ Er beugte sich nach vorne, strich mit seinen Lippen sanft über ihre Stirn und ließ dann ihre Hand los, als er sich zum Gehen wandte.
Kyoko lächelte. „Danke, Kotaro.“ Ihre Stirn kribbelte noch, wo seine warmen Lippen sie berührt hatten. Sie war froh, dass er umgänglicher war als Toya. Er küsste oft ihre Wange, ihre Stirn oder ihre Hand, wodurch diese Stellen dann schön warm kribbelten.
Sie fragte sich, was er wohl denken würde, wenn er wüsste, dass sie noch nie jemand auf die Lippen geküsst hatte. Niemand würde das je glauben, bei einem Alter von achtzehn, aber sie war noch immer völlig jungfräulich… nun ja, körperlich zumindest. Sie errötete wieder, wusste, dass ihre Gedanken nicht ganz so unschuldig waren. Sie schob die Schuld dafür auf den Verräter, der in ihrer Brust lebte und jedes Mal an die Oberfläche kam, wenn sie an ihn dachte.
Kotaro öffnete die Tür, um hinauszugehen, ehe er ihr noch ein Lächeln über die Schulter zuwarf und hinzufügte: „Aber vergiss nicht, du bist immer noch meine Frau.“ Er ging schnell hinaus und schloss die Tür hinter sich, ein wölfisches Grinsen auf seinem Gesicht über den Kommentar.
Er wusste, sie würde mit Toya nicht zu weit gehen, also machte er sich keine Sorgen. Selbst in der Vergangenheit, wenn Toya und er sich die Köpfe eingeschlagen hatten, war sie immer für ihn eingestanden, nicht für Toya. Sie hatte Toya immer geliebt, aber Kotaro wusste, dass sie in Wirklichkeit in ihn verliebt war. Die Höhe ihres Pulses, wenn er in ihrer Nähe war, hatte ihre wahren Gefühle immer verraten… in diesem Leben ebenso wie im letzten. Er musste nur darauf warten, dass sie sich wieder darüber klar wurde.
Kotaro atmete tief ein, genoss ihren Duft. Selbst jetzt noch konnte er ihre Reinheit riechen und wusste, dass sie nicht jemand war, der in einer solchen Sache leichtsinnig handelte. Sie war so ahnungslos, was die wahre Welt betraf.
Bei dem Gedanken verblasste Kotaros Lächeln. Er war nicht sicher, ob er wollte, dass sie jemals etwas über die dunkle Seite dieser Welt herausfand… wollte ihre Fröhlichkeit nicht riskieren. Nicht einmal er selbst war, wer sie glaubte, dass er war. Er wusste, dass sie ihn trotzdem akzeptieren würde, aber die Erinnerung daran, wie er sie begraben hatte, verschloss seine Lippen, wenn es um die Vergangenheit ging. Einige Dinge sollten besser einfach für immer vergessen bleiben.
Als Kotaro aus dem Gebäude auf den Gehsteig trat, blickte er hoch zu ihrem Fenster und fragte sich, was sie wohl tun würde, wenn sie die Wahrheit über ihn herausfand. Und ja, er würde es ihr erzählen… aber jetzt noch nicht. Wie erklärte man schon, dass man älter war als jeder normale Mensch, und dass man Mächte hatte, die sie nur aus Filmen kannte?
Kotaro schüttelte seinen Kopf und ging zurück zur Uni, während er sich überlegte, wie er in der Sache der vermissten Mädchen weiter vorgehen sollte.
Er wusste, was mit ihnen geschah, und dass sie höchstwahrscheinlich schon tot oder zumindest untot waren. Seine Augen blitzten einen Moment lang wütend und offenbarten dabei die dunklere Seite seiner Lykan-Seele. Er musste die verdammten Blutsauger und denjenigen, der sie anführte, aufspüren, bevor sie Kyoko wiederfanden.
Kapitel 3
Kyoko kramte in ihrem Schrank, suchte nach den Klamotten, von denen Suki sie letztes Wochenende dazu überredet hatte, sie zu kaufen. Sie kicherte, als sie sich daran erinnerte, wie Shinbe mit ihnen einkaufen gegangen war und ihnen angeboten hatte, dass sie alles anprobieren sollten, zu dem sie seine Meinung haben wollten. Was alles noch auf die Spitze getrieben hatte, war gewesen, als er in die Frauen-Umkleide gekommen war und durch den Vorhang mit Suki gesprochen hatte.
Shinbe hatte mit verstellter Stimme gesprochen, sodass Suki dachte, dass er eine Verkäuferin war, und hatte ihr angeboten, den Reißverschluss für sie zu schließen.
Suki hatte das Angebot angenommen und hatte ihren Rücken zum Vorhang gedreht. Kyoko wäre fast umgefallen vor Schreck, als Shinbe durch die Umkleidekabine geflogen und an die gegenüberliegende Wand geprallt war.
Sie hatte Suki gefragt, woran sie erkannt hatte, dass es Shinbe war, und Suki hatte geantwortet: „Ich glaube nicht, dass sie Lesben in der Damen-Umkleide arbeiten lassen würden, also, als er seine Hand in mein Kleid steckte, anstatt den Reißverschluss zu schließen… war das irgendwie offensichtlich.“
„Armer Shinbe“, seufzte Kyoko, als sie die gerüschte, weiße, bauchfreie Bluse mit Seidenärmeln, die vom Ellbogen bis zum Handgelenk ausgestellt waren, hervorholte. Sie fand sie wirklich richtig hübsch. Sie erinnerte sie ein bisschen an das Kleid eines Engels, aber sexy. Sie war kurz genug, um ihren Bauchnabel zu zeigen, wenn sie dazu den tief sitzenden Minirock trug, den sie gekauft hatte.
Nachdem sie die Kleider angezogen und die richtigen Schuhe dazu gefunden hatte, steckte sie das Haar um ihre Ohren und einen Teil von hinten hoch und ließ den Rest offen herunterhängen. Sie trug ein wenig Make-Up auf und hängte sich eine Halskette mit einem kleinen Kristall um und beschloss, dass sie bereit war, für was auch immer Suki mit ihr vorhatte.
Insgeheim wünschte sie sich, dass sie Kotaro hätte sagen können, wo sie hingingen, aber sie wusste es ja selbst nicht. Sie kaute auf ihrer Unterlippe, als ihr klar wurde, dass sie ihn schon vermisste, dann bemühte sie sich, das melancholische Gefühl zu verdrängen, denn sie wusste, dass Suki es bemerken würde.
Das Allerletzte, was sie heute brauchte, war, dass ihre beste Freundin eine Million Fragen stellte, die sie nicht beantworten wollte.
*****
Shinbe fuhr mit seinen Fingern durch die blauen Strähnen, die aus seinem dunklen Haar herausleuchteten, als er sich grinsend in den Türstock lehnte. Er hatte sich beeilt, zu Suki zu gehen, als er ihren Anruf erhalten hatte, in dem sie ihm erklärt hatte, dass sie heute Abend ausgehen wollte und er nicht zu ihr kommen sollte.
„Sie hat Wahnvorstellungen, wenn sie meint, dass sie mich so einfach loswerden kann.“ Shinbe hob eine Augenbraue, als er wartete.
Als sie die Tür öffnete, ihr Haar immer noch in ein Handtuch eingewickelt, waren Shinbes erste Worte: „Oh… hab ich dein Bad verpasst, Suki?“ Er grinste, als er sah, wie Sukis Augenbraue zuckte. Vom ersten Moment an, als er Suki und Kyoko kennengelernt hatte, hatte er den Drang verspürt, immer in ihrer Nähe zu bleiben. Er hatte schon oft mit Toya und den Mädchen ein Doppeldate gehabt.
Suki wusste, dass Shinbe meinte, dass er ihr ‚Freund‘ war, weil sie sich nicht mit anderen Männern traf, aber Suki wollte sich nicht mit den Fesseln abfinden, die eine richtige Beziehung bedeuten würde. Sie versuchte, nicht zu erröten, und gab schnell zurück: „Man bräuchte Bleichmittel und eine Abrissbirne, um so schmutzige Gedanken wie deine jemals sauber zu bekommen.“
Er beugte sich nach vor, sodass sie nichts Anderes mehr sehen konnte, und seine violetten Augen verdunkelten sich etwas. „Wenn du mich hereinkommen lässt… denke ich, könnten wir einen Grund finden, weshalb du noch ein Bad nehmen solltest.“
Suki fühlte, wie ihr Herz beim Klang seiner heiseren Stimme zu rasen begann, und machte ein paar Schritte zurück, als er einige Schritte vorwärts machte und die Tür hinter sich schloss. Mit dem Entschluss, zu verhindern, dass er sich durchsetzte, warf Suki ihm einen warnenden Blick zu und war froh, als er stehenblieb. Wenn er je herausfinden würde, wie sehr er sie wirklich in der Hand hatte… dann hätte sie echt ein Problem.
„He Shinbe, schau, ich muss mich schnell fertigmachen, denn ich habe für heute Abend Pläne mit einer Freundin. Das habe ich dir schon am Telefon gesagt, erinnerst du dich?“ Sie hatte gewusst, dass er trotzdem kommen würde… und wenn nur, um herauszufinden, wohin sie ging.
Während sie das Handtuch von ihrem Kopf nahm, um ihre langen Haare zu befreien, ging Suki schon zum Badezimmer und sprach so laut, dass er sie hören konnte: „Wir können morgen etwas unternehmen, okay?“
Shinbe lehnte sich an die Bar, die die Küche vom Wohnzimmer trennte. Er wollte sich gerade beschweren, als sein Blick auf einen Flyer fiel, der dort lag. Er hob ihn hoch und überflog schnell den Text. Seine beiden Augenbrauen hoben sich, als er eine Erleuchtung hatte.
DER GRÖSSTE UND HEISSESTE CLUB DER STADT
MIDNIGHT CLUB
FREITAG LADIES NIGHT
Die Worte Ladies Night waren eingekreist. Shinbe hob eine Augenbraue, während er den Zettel wieder hinlegte und zum Badezimmer ging. Er verbarg sein Lächeln, als er ohne Anklopfen eintrat und sich hinter Suki stellte, die gerade mit der Bürste durch ihr Haar fuhr.
„Dann morgen“, flüsterte Shinbe verführerisch in ihr Ohr, dann senkte er seine Lippen und küsste ihre Schulter. Er drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort… sein wissendes Grinsen gut versteckt.
Suki stand regungslos da und starrte den Spiegel an. Irgendetwas stimmte nicht. Es passte überhaupt nicht zu Shinbe, dass er nicht bittend und bettelnd versuchte, doch mitkommen zu können. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul und so beeilte sie sich, sich fertigzumachen. Nachdem sie nun Angst hatte, dass Shinbe irgendetwas vorhatte, beschloss Suki, dass sie lieber schon früher als geplant bei Kyoko auftauchen wollte.
*****
Mehrere Kilometer entfernt starrten leuchtend rote Augen aus dem Fenster einer Dachgeschoßwohnung, von der aus man die ganze Stadt überblicken konnte. Lange Wellen seidig schwarzen Haares flossen über einen nackten Rücken, bildeten einen starken Kontrast zu der Haut, die so blass war wie der Mond. Sein engelhaftes Gesicht war beeindruckend mit feinen Gesichtszügen und sein Körper war so schlank und kräftig, wie der des mystischen Gottes Adonis.
Sein nackter Körper glänzte im Mondlicht, Muskeln tanzten bei jeder seiner Bewegungen. Er war schön anzusehen, aber seine dunkle Seele war böse und tödlich. Ein Lächeln hob seine perfekten Lippen, als seine Gedanken zu den Ereignissen der letzten Nacht zurückwanderten.
Nachdem er sich vom Fenster abgewandt hatte, begann er sich auf den Abend vorzubereiten. Sein Blick streifte den barocken Polstersessel neben dem Feuer und die junge Studentin, die leblos darin saß. Hyakuhei grinste, als er an das frische Blut dachte, das sein gestriges Abendessen gewesen war.
‚Schade darum, sie war so ein hübsches Mädchen.‘ Er leckte über seine Lippen, als er sich daran erinnerte, wie er die Frau genommen und getrunken hatte. Er würde nie der jungen Frauen müde werden, die er verführte und dann nahm.
Heute Nacht würde er in einen bekannten Nachtclub gehen, um seine Beute zu jagen, und er musste sichergehen, dass seine ‚Kinder‘ gut versorgt waren. ‚Ladies Night‘ bedeutete immer erntereife Früchte und war ein Buffet aus endlosem Fleisch für die Nachtwandler.
Er war ein mächtiger Vampirlord und niemand würde es wagen, sich ihm in den Weg zu stellen oder seine Macht infrage zu stellen. Die letzten tausend Jahre hatte er nur den Genuss gewollt, aber jetzt wollte er mehr. Er wollte, was ihm rechtmäßig zustand. Falten erschienen auf seiner Stirn, als er an das Objekt dachte, von dem er besessen war, und von dem er ungeduldig wartete, dass es wieder in diese Welt geboren wurde. Der legendäre Schützende Herzkristall.
Der heilige Kristall war ein Juwel, von dem man sagte, dass es einem Vampir die Fähigkeit gab, im Tageslicht zu überleben. Der Legende zufolge sollte ein Mädchen mit reinem Blut und dem Herzen eines Kindes das Juwel in ihrem Körper tragen. Sie wäre eine Priesterin höchsten Ranges und mit großer Macht, die Beschützerin des Schützenden Herzkristalls.
Sein finsterer Blick richtete sich noch einmal auf den Himmel, wo ein blutroter Mond hoch stand. „Ich habe dich schon einmal verloren, liebe Priesterin, aber keine Sorge, ich werde dich wiederfinden.“ Seine Augen wurden schmal, als er der Nacht versprach: „Diesmal werde ich euch beide besitzen: dich und den Kristall…“
*****
Suki hatte Kyoko letztes Wochenende aus genau diesem Grund zum Einkaufen mitgenommen, nur hatte sie ihrer Freundin nichts davon erzählt. Suki hatte sich auch selbst ein Outfit gekauft. Nachdem sie es aus dem Schrank geholt hatte, zwängte sie sich aufgeregt hinein. Es war ein komplett schwarzes, sehr enges, kurzes Kleid. Sie hatte sich sofort darin verliebt, als sie es gesehen hatte.
‚Zum Glück ist Shinbe nicht hier‘, dachte Suki innerlich mit einem wissenden Grinsen, als sie sich im Spiegel betrachtete. Das Kleid war kurz, aber es zeigte nicht viel… nur genug, um jemanden zu verführen und die Vorstellungskraft anzufachen. Nachdem sie ihr dunkles Haar hochgesteckt hatte, trug Suki noch ein wenig Make-Up auf, packte ihre Schlüssel und ging eine Tür weiter zu Kyokos Wohnung.
Kyoko kam aus ihrem Schlafzimmer, hoffte, dass sie noch Zeit hatte, kurz etwas zu essen, bevor sie ausgehen musste, aber sie schaffte es nicht einmal bis zur Küche, ehe jemand an die Tür hämmerte.
„Oh Gott, ich hoffe, das ist nicht Toya“, murmelte sie und fragte sich, ob sie überhaupt aufmachen sollte. Sie hatte noch zwanzig Minuten, bevor Suki kommen sollte, also beschloss Kyoko, die Tür im Moment zu ignorieren, aus Angst davor, wer auf der anderen Seite stehen könnte.
Es war beeindruckend, wie Angst einen dazu bringen konnte, sich zu fühlen wie ein kleines Kind, und Kyokos Augenbrauen zuckten, als sie die Luft anhielt.
Das Hämmern wurde lauter und diesmal hörte sie auch eine Stimme. „Gut, Kyoko, ich weiß, dass du da drinnen bist. Bring mich nicht dazu, die Tür einzuschlagen!“ Ein Kichern war auch zu hören.
Kyoko verdrehte die Augen, dachte, dass Suki klang wie die Polizei. Sie öffnete die Tür und grinste ihre beste Freundin an, die sie sofort am Arm packte, und sie hinauszog. „Komm, lass uns los. Ich habe so ein Gefühl, dass, wenn wir nicht gleich abhauen, Shinbe auftauchen könnte.“ Kyoko hatte kaum noch die Zeit, die Tür abzuschließen, ehe Suki sie den Gang entlang schob.
*****
Kyou zog die schweren, schwarzen Vorhänge zurück, jetzt, wo die Abenddämmerung gekommen war. Seine lange, silbrig-weiße Mähne breitete sich um ihn aus, als er das Fenster öffnete und dem Wind erlaubte, sein engelsgleiches Gesicht zu streicheln. So wie er ganz in Schwarz gekleidet war, sah er aus wie ein gefallener Engel.
Geld hatte ihm die Freiheit gebracht, seine Arbeitszeit selbst zu bestimmen, und Macht hatte dafür gesorgt, dass er nicht gestört wurde. Indem er die gesamte oberste Etage eines der teuersten Hotels der Stadt gekauft hatte, hatte er die Einsamkeit, die er brauchte, und den Ausblick, den er wollte. Als er hinunter auf die Straße blickte, sah er, dass gegenüber vor dem Eingang des Midnight Clubs die Leute schon Schlange standen. Es war der berühmteste Club der Stadt und das perfekte Nahrungsgebiet für die Wesen der Nacht.
In der Schlange standen eine Menge verzogener, junger Studentinnen und junge Punks, die ihnen folgten. Kyous nervöse Augen waren voller Abscheu, als er die Frauen musterte und sich fragte, welche von ihnen wohl die Aufmerksamkeit von demjenigen erregen würde, den er jagte. Wer würde Hyakuheis nächstes Opfer sein?
Kyou konnte Hyakuhei in der Stadt fühlen und fragte sich, ob Hyakuhei fühlte, dass ihm der Tod auf den Fersen war. Dieses Mal standen die Dinge anders. Kyou hatte ihn viel zu einfach gefunden, als hätte Hyakuhei ihm extra eine Spur gelegt. Die Tode und das Verschwinden der Studentinnen von der Uni hier, waren ein plumpes Signal für Kyou, konnten nur auf eine Person weisen.
Der Gedanke, dass Hyakuhei ihn hierher gebracht hatte, gefiel ihm nicht. „Ich gehorche nicht mehr deiner Kontrolle“, knurrte Kyou, als Blut zwischen den Fingern seiner geballten Faust hervortropfte und seine Augen sich pink färbten. „Du hast keine Macht über mich… nicht mehr!“ Nachdem er seine Wut wieder beruhigt hatte, setzte Kyou wieder seine ausdruckslose Maske auf sein Gesicht und schirmte seine Aura ab. Es war Zeit, dass das Raubtier zur Beute wurde.
Wenn er Hyakuheis Lebensenergie fühlen konnte, dann würde Kyou Vorsicht walten lassen müssen, um zu verhindern, dass sein Macher auch ihn aufspüren konnte.
*****
Kyoko war überrascht, wie groß der Nachtclub war. Ihre Lippen öffneten sich, als Suki auf den riesigen Parkplatz abbog. Suki hatte früh kommen wollen, damit sie nicht Schlange stehen mussten, aber soweit Kyoko das sehen konnte, gab es schon eine lange Schlange, also beeilten sie sich, auszusteigen und sich anzustellen. Kyoko erblickte einige bekannte Gesichter von der Uni und lächelte, als sie erkannte, dass ihr langjähriger Freund Tasuki einer von ihnen war.
Tasuki erhaschte plötzlich einen Blick auf Kyoko und Suki. Er hatte sich von seinen Freunden dazu überreden lassen mitzukommen, und nachdem er nichts Besseres zu tun hatte, jetzt wo die Examen vorbei waren, hatte er zugestimmt. Er war gutaussehend und gut gebaut, sein braunes Haar schulterlang, und hatte braune Augen, die die Herzen aller Frauen schmelzen ließen.
Er war auch einer der beliebtesten Jungs am Campus, aber Tasuki war hauptsächlich für seine guten Noten bekannt und dafür, dass er netter war als die meisten anderen. Natürlich trug die Tatsache, dass er einer der reichsten Leute hier war, auch zu seinem Status bei, aber er benahm sich überhaupt nicht so.
Nachdem er sich einen Weg durch die Menschenmenge gebahnt hatte, kam Tasuki mit einem warmen Lächeln auf Kyoko zu. Er kannte sie schon seit der Mittelschule und war schon immer insgeheim in sie verliebt gewesen. Sie waren manchmal miteinander ausgegangen, aber nichts Ernstes… mehr wie beste Freunde eigentlich und das letzte Mal war auch schon eine Weile her.
Er würde ja gerne öfter mit ihr ausgehen, aber dieser Typ, Toya, und der andere, der Sicherheitschef, sie waren in letzter Zeit immer in ihrer Nähe. Er hätte schwören können, dass er letztes Mal, als er sich ihr genähert hatte, wo einer der beiden dabei war, ein Knurren gehört hatte.
Diese Tatsache im Hinterkopf sah er sich nervös um, hoffte, dass sie alleine war. Nicht, dass er Angst vor denen hatte… nein… nie im Leben…
Suki konnte Tasukis Nervosität sehen und lachte laut. „Keine Sorge, Tasuki. Wir sind alleine gekommen.“
Sie grinste über Kyokos verwirrten Blick, dann packte sie Tasuki am Ellbogen und zog ihn mit sich zurück in die Schlange. Sie und alle anderen, die ihn kannten, wussten, dass er eigentlich in Kyoko verknallt war… nun, jeder, außer Kyoko selbst wusste das.
Kyoko errötete, als Tasuki sie ansah. Es war ihr noch nie aufgefallen, wie viel größer als sie er nun war. „He, Tasuki, lange her. Ich habe gehört, dass du schon wieder so tolle Noten bekommen hast.“ Ihr Gesicht hellte sich auf, als ihr klar wurde, dass es schon viel zu lang her war, dass sie zuletzt miteinander ausgegangen waren. Sie hatte sich in seiner Nähe immer so sicher gefühlt… wie bei einem besten Freund. Sie hatte ihn vermisst.
Ein weiches Lächeln erschien auf Tasukis Lippen, denn es gefiel ihm, dass sie sich noch für ihn interessierte, wenn auch nur aus der Ferne. Vielleicht hatte er doch noch eine Chance bei ihr. Er wollte wirklich noch eine Chance, ihr zu zeigen, wie sehr er sie mochte, und dass er mit ihr zusammen sein wollte, dass er nicht zu reich für sie war, auch wenn sie das immer zu denken schien.
Aus irgendeinem Grund schien sie zu meinen, dass er sich nur deshalb um sie bemühte, weil er sie schon so lange kannte. Er wollte dieses Missverständnis aus dem Weg räumen. „Ja, Kyoko, wenn du irgendwann mal Nachhilfe brauchst, kann ich es dir gerne anbieten.“ Innerlich wollte er seinen Kopf an die Wand schlagen dafür, dass er schon wieder klang wie ein bester Freund und nicht jemand, der ‚ihr Freund‘ sein wollte.
Suki schüttelte den Kopf, erkannte in Tasukis Augen, wie er litt, als er Kyoko anlächelte. ‚Armer Junge‘, dachte sie, aber dann erschien ein spitzbübisches Grinsen auf ihren Lippen. Er brauchte nur ein wenig Hilfe.
*****
Kyous Augen wurden schmal, als die Menschenmenge voller naiver Kinder anwuchs. ‚So viele, aus denen Hyakuhei auswählen kann‘, überlegte er. Es war immer dasselbe. Das Nehmen von Leben und damit davonkommen… so wie das Monster in der Vergangenheit damit davongekommen war. Die Klauen seiner Finger gruben sich frustriert in die Fensterbank, als er sich fragte, ob er das Morden beenden konnte.
Er würde näher hingehen und sich unter die Menge mischen müssen. Grinsend fragte er sich, wie er mit seinem silbrigen Haar und seinen goldenen Augen unter den Studenten nicht auffallen sollte, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Menschenschlange, die auf Einlass wartete.
Sein Blick glitt noch einmal über den Parkplatz und hielt plötzlich überrascht an, als er eine Gruppe von drei Freunden sah, die ein wenig abseits stand. Die Aura, die die drei umgab, war sehr anders als die der Menschen. Ein schwacher Schein reinweißen Lichts, der die Gruppe umgab, verwirrte das innere Auge des Vampirs.
Mit weniger Intensität schaute Kyou noch einmal auf die Gruppe. Sogar wenn er sich nicht anstrengte, konnte er das schwache Licht um die drei Gestalten tanzen sehen. Ein schwaches Glitzern von Regenbogenstaub kam von direkt über ihnen und schwächte damit das Licht ab, als wollte er es vor seinen Augen verbergen.
Kyou durchsuchte den Himmel über ihnen, aber sah nur die Nacht. Seine Augen wurden wieder schmal, denn er verstand mehr, als er sollte, ehe er seinen Blick wieder auf die Gruppe richtete.
Er hatte so etwas in seinem endlosen Leben noch nie gesehen. Eine entfernte Erinnerung nagte an seinem Gehirn, sodass er mit großen Augen die Gestalten betrachtete. Er erinnerte sich an die Worte seines jüngeren Bruders, ehe Hyakuhei ihn so brutal ermordet hatte.
„… Wenn wir nur den Schützenden Herzkristall finden könnten… dann könnten wir uns vielleicht von der Dunkelheit befreien, mein Bruder…“
Kyou hatte abschätzig das Gesicht verzogen, Toya gesagt, dass der Edelstein nur ein Mythos war und selbst die Legenden sagten, dass es unmöglich war, ihn zu finden. Toya hatte seine Antwort ignoriert. „Die Aura derjenigen, die den Kristall beschützt, wird mit einem heiligen Licht leuchten. Möchtest du nicht frei sein?“
Ein melancholisches Gefühl ergriff Kyou, als er sich an die Frage seines Bruders erinnerte. Er hätte alles getan, um seinen Bruder aus dem Leben zu befreien, das Hyakuhei ihm beschert hatte. Ein leichter Wind blies durchs Fenster und wehte sein langes Haar aus seinem Gesicht, als wollte er ihm sagen, dass er gehen sollte, als würde Toya selbst ihm sagen, dass er gehen sollte.
Die Dunkelheit um seinen tödlichen Körper geschlungen erschien Kyou unbemerkt in der Menge der ahnungslosen Jugendlichen, wobei er das reinweiße Licht, das dort schien, nie aus den Augen ließ.
*****
Kyoko kicherte, als Suki hinter Tasukis Rücken ihr wild zuzwinkerte. Suki verbrachte in letzter Zeit eindeutig zu viel Zeit mit Shinbe. Sie verdrehte die Augen und streckte Suki die Zunge heraus, sodass Suki sich vor Lachen fast nicht mehr auf den Beinen halten konnte, aber das Lachen verstummte sofort, als Tasuki sich umdrehte, um zu sehen, worüber Suki lachte.
Suki stützte sich schnell an der Wand ab, um nicht zu straucheln und Kyoko zuckte nur die Schultern und sagte zu Tasuki: „Wer weiß, was sie wieder hat. Sie war noch nie normal.“ Sie hob eine Augenbraue und fügte hinzu: „Ich muss sie mindestens einmal die Woche aus dem Irrenhaus herausholen, sonst wird sie nur noch schlimmer und versucht, sich durch die Bäume vor dem Studentenheim zu nagen.“
Tasuki grinste und beugte sich zu Kyoko, als wollte er ihr ins Ohr flüstern, aber sagte dann laut genug, sodass auch Suki es hören konnte: „Vielleicht solltest du sie später wieder dorthin zurückbringen.“